
Die Formel für das Risikoprofil in KMU-Betrieben klingt auf den ersten Blick recht kompliziert - ist aber auf den zweiten Blick ziemlich einfach. Warum ist die Wirkstoff-Formel aus bewährten Organisationstechniken und aus moderner Start-up-Mentalität so wirkungsvoll? Eins vorweg: Es geht mehr um besondere Verhaltensweisen als um ausgefeilte Tools oder spezielle IT-Systeme.
Der Vorteil: Größere Investitionen sind nicht zwingend erforderlich. Unternehmer können die Risikoformel mit vorhandenen Bordmitteln nutzen. Der Nachteil: Ganz so schnell geht es aber trotzdem nicht, denn die einzelnen Zutaten benötigen einen guten Umsetzungsprozess, der Zeit und auch Mühe kostet. Hier ist die Risikoformel:

RM = Risikoprofil Mittelstand Ti = Transparenz intern Ki = Kooperationsmodell intern
ML = Motivation Leistungsträger S = Strategische Agilität GF K = Komplexität Geschäftsmodell
V = Volatilität Marktumfeld
Die Risikoformel für KMU-Betriebe
Der Blick auf die Zutaten macht deutlich: Hier geht es primär um Verhaltensweisen oder Organisationsprinzipien, die man als Unternehmer gut beeinflussen kann.
So liegen die Gestaltung der internen Transparenz (Ti), das angestrebte interne Kooperationsmodell (Ki) und die nachhaltige Motivation der Leistungsträger (ML) komplett im Gestaltungsorbit des Unternehmers.
Die Strategische Agilität (S) betrifft den Unternehmer hochgradig selbst, ggfs. zusätzlich weitere Mitarbeiter im Führungsteam. Diese Fähigkeit kann durch spezifische Techniken & Tools eigenständig ausgebaut werden.
Die Komplexität des Geschäftsmodells (K) ist teilweise durch den Firmenzweck und die Firmenhistorie fremd- bzw. vorbestimmt. Häufig ist sie aber im Rahmen bestimmter Bandbreiten ebenfalls veränder- und gestaltbar.
Die Volatilität des Marktumfeldes (V) ist im Regelfall nur geringfügig bzw. gar nicht beeinflussbar. Je höher das Innovationstempo, die kurzfristige Abhängigkeit von Nachfrage- oder Preisänderungen oder je kürzer die Lebenszyklen der Produkte sind, desto geringer ist die Möglichkeit, hier wirksam Einfluss zu nehmen.
Die kurze und stichwortartige Betrachtung der Einzelfaktoren, die das Risikoprofil reduzieren können, ist lohnenswert. Im Fokus stehen die unternehmerischen Möglichkeiten, die Inhaber oder Geschäftsführer mit eigenen Bordmitteln in einem angemessenen Zeitraum umsetzen können, bzw. bei denen nur eine geringfügige externe Unterstützung erforderlich ist.
Risikofaktor 1: Interne Transparenz
Interne Transparenz (Ti) erhöhen:
- Stellenbeschreibungen,
- Firmen-Wiki,
- Schnittstellen-Teams,
- Bereichsübergreifende Projekte,
- Eindeutige und dokumentierte Prozesse,
- Wissens-Pools statt Erfahrungs-Silos,
- Notfallordner,
- Vorschlagswesen,
- Dokumentation kritischer Infrastrukturen,
- Buchungsbrevier in Buchhaltung,
- Entscheidungen werden erklärt,
- Barrierefreie Tools & Techniken,
- Klare Vertretungsregelungen,
- etc.
Risikofaktor 2: Internes Kooperationsmodell
Das interne Kooperationsmodell (Ki) verbessern:
- Regelmäßige Mitarbeiterbriefings,
- Gelebte Begegnungskultur,
- Onboarding und Mentoren für neue Mitarbeiter,
- Gruppenschulungen,
- Layout mit Besprechungszonen,
- Mitarbeiter als Mediatoren geschult,
- Fehlerkultur vorhanden,
- Offene Kommunikation (top-down und bottom-up),
- Keine Duldung von Wissens-Monopolen,
- Ausgabe von Gruppenzielen,
- Teambuilding-Rituale
- etc.
Risikofaktor 3: Motivation der Leistungsträger
Die Motivation der Leistungsträger (ML) erhöhen:
- Aktiv Sinn vermitteln,
- Regelmäßige Beurteilungs- und Feedback-Gespräche,
- Ziel- und Förderpläne für Mitarbeiter,
- Werte aktiv vermitteln (z.B. Qualität),
- evt. Vorgesetztenbeurteilung,
- Authentische Wertschätzung,
- Budgets bereitstellen,
- Zeitliche Reserven vergeben (z.B. 1 Arbeitstag im Monat oder Ideen-und Projekttag im Home Office)
- Entscheidungsspielräume vergeben,
- Unternehmer mit Vorbildfunktion,
- etc.
Risikofaktor 4: Strategische Agilität (S)
Die Strategische Agilität (S) der Geschäftsleitung verbessern:
- Regelmäßige dynamische Wettbewerbsanalysen,
- Beratungsgremium schaffen (z.B. Beirat),
- Strategische Ziele definieren,
- Dynamisches Führungsteam,
- Kohärenz im Führungsteam,
- Benchmarking und Roadmapping,
- Bewertung Schlüsselpartner,
- Arbeitgebermarke aufbauen,
- Kooperation und Vernetzung,
- Game-changer frühzeitig identifizieren,
- etc.
Risikofaktor 5: Komplexität des Geschäftsmodells
Die Komplexität des Geschäftsmodells (K) reduzieren:
- Standardisieren,
- Digitalisieren,
- Plattformen nutzen,
- Wertschöpfungskette verkürzen,
- Anzahl Geschäfts-Szenarien reduzieren,
- Geschäftsmodell lfd. reflektieren,
- etc.
Risikofaktor 6: Volatiles Marktumfeld
Die Volatilität des Marktumfeldes (V) begrenzen:
- Komplementärmärkte und -produkte,
- Kunden- und Produktanwendungs-Mix reflektieren,
- Risikoverteilung bei Märkten, Produkten und Kunden,
- Marktnischen suchen,
- etc.
Fazit:
Es gibt viele Ansetzpunkte, um in einem KMU-Betrieb das Risikoprofil zu reduzieren. Grundsätzlich sind aber alle diese Maßnahmen genauso geeignet, um bisher nicht genutzte Potentiale und Chancen zu verwerten.
Der positive Effekt tritt also nicht nur durch reduzierte Risiken und Kosten ein, sondern ebenso durch eine verbesserte Profitabilität im Unternehmen. Der Inhaber wird entlastet und kann sich den wirklich wichtigen Dingen widmen. Die Priorität sollte auf den Maßnahmen liegen, die viel bringen, schnell wirken und wenig kosten. Die beiden Gegenspieler sind die internen Ressourcen (Quantität und Qualität) sowie der Zeitbedarf.
Die Einhaltung der 80/20 Regel und die vorübergehende Nutzung externer Ressourcen bringt Sie evt. schneller zu Ihrem Ziel.

Selbstdiagnose: Bewerten Sie das Risikoprofil in Ihrem KMU-Betrieb (nach Schulnotenprinzip)
Vergeben Sie für jeden der o.a. Einzelfaktoren eine Schulnote für die gegenwärtige Situation in Ihrem Betrieb.
Bei einer ehrlichen Betrachtungsweise kommen Sie zu einem Ergebnis, das der Realität recht nahe kommt.

Suchen Sie die Noten, die dem Zustand in ihrem Unternehmen am nächsten kommen und setzen Sie dann diese Noten in die folgende Formel ein. Unter der Formel für das Risikoprofil finden Sie die Auflösung. Dort können Sie die Situation in Ihrem KMU-Betrieb zu einer Gesamtnote verdichten und eigenständig bewerten.

Das Risikoprofíl in Ihrem KMU-Betrieb bewerten. Die Auflösung:
Sie können zwischen 4 (immer Schulnote 1) und 144 Punkten (immer Schulnote 6) erreichen.
Aus den Einzelpunkten ergeben sich durch die Formelarithmetik folgende Gesamtnoten:
Note 1 (sehr gut): 4 - 9 Punkte
Note 2 (gut): 10 - 25 Punkte
Note 3 (befriedigend): 26 - 49 Punkte
Note 4 (ausreichend): 50 - 81 Punkte
Note 5 (mangelhaft): 82 - 121 Punkte
Note 6 (ungenügend): 122 - 144 Punkte
Dieses ist selbstverständlich kein wissenschaftlich fundierter Test. Die Ermittlung des Risikoprofils anhand der vorliegenden Indikatoren basiert auf langjährigen Erfahrungen im Risikomanagement von KMU-Betrieben und spezieller Unterstützung von Inhabern von Familienunternehmen. Bitte überprüfen Sie, ob Ihr Unternehmen Handlungsbedarf hat.
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